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POLIO

Kinderlähmung (Poliomyelitis)

Was steckt hinter dieser Krankheit?

Robert Koch Institut

Poliomyelitis (POLIO) – Ein umfassender Überblick über die Krankheit
 

Poliomyelitis, auch bekannt als Kinderlähmung, ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die in erster Linie Kinder unter fünf Jahren betrifft, jedoch Menschen aller Altersgruppen infizieren kann. Verursacht wird die Krankheit durch das Poliovirus, das das Nervensystem angreift und zu Lähmungen, Atemproblemen und in schweren Fällen zum Tod führen kann. Dank weltweiter Impfkampagnen ist Polio in den meisten Ländern heute unter Kontrolle, doch es besteht weiterhin das Risiko einer Verbreitung in ungeimpften Bevölkerungen.

Was ist Poliomyelitis?

Poliomyelitis, allgemein als Polio bezeichnet, wird durch das Poliovirus, ein Enterovirus, verursacht. Das Virus gelangt durch den Mund in den Körper, meist über kontaminierte Nahrung oder Wasser, und befällt den Darm. Von dort aus kann es ins Blut und das zentrale Nervensystem übergehen. Das Virus infiziert und zerstört motorische Nervenzellen, was zu Lähmungen führt. Polio wird durch direkten Kontakt mit einer infizierten Person oder durch den Verzehr von verunreinigtem Wasser oder Lebensmitteln übertragen.

Es gibt drei Hauptstämme des Poliovirus: Typ 1, Typ 2 und Typ 3. Der Typ 2-Virus wurde weltweit ausgerottet, während Typ 1 und Typ 3 in einigen Regionen immer noch zirkulieren.

Symptome von Poliomyelitis

Die Symptome von Polio sind vielfältig und reichen von milden, grippeähnlichen Beschwerden bis hin zu schweren Lähmungen. Viele Menschen, die mit dem Virus infiziert sind, zeigen keine Symptome, sind jedoch Träger und können die Krankheit weiterverbreiten.
 

Typische Symptome in der frühen Phase der Infektion sind:

  • Fieber

  • Müdigkeit

  • Kopfschmerzen

  • Erbrechen

  • Nackensteifigkeit

  • Schmerzen in den Gliedmaßen
     

In schwereren Fällen greift das Virus das Nervensystem an und führt zu Lähmungen, die häufig in den Beinen beginnen, aber auch andere Körperteile betreffen können. Diese Form der Krankheit, die als paralytische Poliomyelitis bekannt ist, kann innerhalb weniger Stunden zu dauerhaften Schäden führen.

Arten der Poliomyelitis

Poliomyelitis tritt in zwei Formen auf:

  1. Nicht-paralytische Poliomyelitis: Diese mildere Form der Krankheit führt zu grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen. Sie verläuft in der Regel ohne schwere Komplikationen, und die Betroffenen erholen sich vollständig.
     

  2. Paralytische Poliomyelitis: Dies ist die schwerwiegendere Form der Krankheit, bei der das Virus das Rückenmark befällt und dauerhafte Lähmungen verursachen kann. Je nachdem, welche Nerven betroffen sind, kann es zu spinaler (Rückenmark), bulbärer (Hirnstamm) oder spinal-bulbärer Lähmung kommen. In besonders schweren Fällen kann die Atemmuskulatur gelähmt werden, was eine künstliche Beatmung erforderlich macht.
     

Ursachen und Übertragung

Das Poliovirus wird hauptsächlich durch den fäkal-oralen Weg übertragen, d. h. über kontaminierte Lebensmittel oder Wasser, die mit dem Kot infizierter Personen in Berührung gekommen sind. Auch die Übertragung von Mensch zu Mensch durch engen Kontakt, etwa beim Husten oder Niesen, ist möglich.

Besonders in Gebieten mit schlechter Hygiene und mangelnder Wasserversorgung kann sich das Virus schnell ausbreiten. Menschen, die nicht geimpft sind, haben ein hohes Risiko, sich zu infizieren, besonders Kinder unter fünf Jahren.

Diagnose und Behandlung von Poliomyelitis

Diagnose:
Die Diagnose von Poliomyelitis basiert auf der klinischen Symptomatik sowie auf Labortests, bei denen das Virus aus einer Stuhlprobe, einer Rachenspülung oder einer Rückenmarksflüssigkeit isoliert wird. In Ländern, in denen Polio endemisch ist, wird bei jedem Fall von akuter schlaffer Lähmung (acute flaccid paralysis, AFP) das Vorhandensein des Poliovirus überprüft.
 

Behandlung:
Es gibt keine spezifische Behandlung für Poliomyelitis, da antivirale Medikamente gegen das Poliovirus bislang nicht verfügbar sind. Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome und die Vermeidung von Komplikationen.

  • Schmerzlinderung und Fieberkontrolle: Medikamente können verabreicht werden, um Fieber und Schmerzen zu lindern.

  • Physiotherapie: In Fällen von Lähmung hilft Physiotherapie dabei, die Beweglichkeit wiederherzustellen oder die Funktionsfähigkeit der betroffenen Gliedmaßen zu verbessern.

  • Atemunterstützung: Bei Lähmungen der Atemmuskulatur kann eine künstliche Beatmung erforderlich sein.

Bei vielen Betroffenen verbessern sich die Symptome, jedoch können bei einigen dauerhafte Lähmungen bestehen bleiben.

Prävention durch Impfungen

Die wirksamste Maßnahme gegen Poliomyelitis ist die Impfung. Es gibt zwei Hauptimpfstoffe, die weltweit zur Bekämpfung der Krankheit eingesetzt werden:

  1. Oraler Polio-Impfstoff (OPV):
    Dieser Schluckimpfstoff enthält abgeschwächte Virenstämme, die eine Immunreaktion auslösen, ohne die Krankheit auszulösen. OPV ist kostengünstig und einfach zu verabreichen, was ihn besonders für großflächige Impfkampagnen in Entwicklungsländern ideal macht. Ein kleiner Nachteil des OPV ist das sehr geringe Risiko einer impfbedingten Polio (vaccine-associated paralytic poliomyelitis, VAPP).
     

  2. Inaktivierter Polio-Impfstoff (IPV):
    IPV enthält abgetötete Polioviren und wird per Injektion verabreicht. Da er keine Lebendviren enthält, besteht kein Risiko einer impfbedingten Erkrankung. Er wird in vielen industrialisierten Ländern verwendet.
     

Durch systematische Impfkampagnen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Ziel, Polio weltweit auszurotten. Dank der Impfungen ist die Zahl der Polio-Fälle seit den 1980er-Jahren dramatisch gesunken, doch es bleibt noch ein Restbestand an Erkrankungen, insbesondere in Ländern mit niedrigen Impfraten.

 

Die globale Initiative zur Ausrottung von Polio

Im Jahr 1988 startete die WHO zusammen mit UNICEF, Rotary International und anderen Partnern die Global Polio Eradication Initiative (GPEI) mit dem Ziel, Polio weltweit auszurotten. Seitdem hat sich die Zahl der Polio-Fälle weltweit um über 99 % verringert, und viele Länder sind heute offiziell poliofrei.

Dennoch bleiben einige Regionen, insbesondere in Ländern wie Afghanistan und Pakistan, endemisch für Polio, was vor allem auf politische Instabilität, schwierige Gesundheitsinfrastrukturen und Impfgegnerbewegungen zurückzuführen ist. Die WHO und ihre Partner setzen sich weiterhin dafür ein, die letzten verbleibenden Polioherde zu eliminieren.

Langfristige Folgen – Das Post-Polio-Syndrom

Viele Menschen, die eine Poliomyelitis-Infektion überlebt haben, entwickeln Jahre oder Jahrzehnte nach der ersten Erkrankung das sogenannte Post-Polio-Syndrom (PPS). Dieses Syndrom ist durch eine erneute Schwächung der Muskeln gekennzeichnet, die von Polio betroffen waren.

Die Symptome umfassen:

  • Fortschreitende Muskelschwäche

  • Gelenkschmerzen

  • Müdigkeit

  • Atem- und Schluckbeschwerden
     

PPS ist nicht lebensbedrohlich, kann jedoch die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Eine spezielle Behandlung gibt es bisher nicht, jedoch können Physiotherapie und symptomatische Behandlungen dazu beitragen, die Auswirkungen zu lindern.
 

Fazit

Poliomyelitis, einst eine der gefürchtetsten Krankheiten, ist dank globaler Impfkampagnen heute in vielen Teilen der Welt unter Kontrolle. Dennoch bleibt Polio ein globales Gesundheitsproblem, solange die Krankheit in einigen wenigen Ländern noch existiert. Der Schlüssel zur endgültigen Ausrottung liegt in umfassenden Impfprogrammen, verbesserter Hygiene und dem globalen Engagement, Polio für immer zu eliminieren.

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